Galerie Hubert Winter

Birgit Jürgenssen
Cyanotypien von 1988/89
13. Jänner – 4. Februar 2012
Die sorgfalt mit welcher regen fälscht und das grün fälscht und das weiss fälscht, der sorgfalt in dem ein sessel ist und reichlich geatmet wird. Die sorgfalt mit welcher es unglaublich gerecht zugeht und gleich, all das bringt prachtvollen spargel hervor und ein gesprudel dazu.
Die letzten Zeilen. In: Gertrude Stein, Tender Buttons. Zarte knöpft. Dt. v. B. Köhler. Ffm, Suhrkamp, 2004.

Das Sonnenlicht einfangen.

Birgit Jürgenssen greift in ihren Cyanotypien ein bereits 1842 von Anna Atkins, einer Botanikerin in der Fotografie angewandtes Verfahren auf. Die Cyanotypie ist ein fotografisches Edeldruckverfahren, auch als Blaudruck, Eisenblaudruck bekannt, mit den typischen cyanblauen Farbtönen. 'Cyan' leitet sich vom griechischen Wort 'kyanos' ab, das ein tiefes, dunkles Blau - Stahlblau, Schwarzblau - bezeichnet.

Die Cyanotypie basiert auf der Lichtempfindlichkeit von auf Papier aufgebrachten Eisensalzen, die unter UV-Einstrahlung permanente, d.h. wasserunlösliche Kristalle bilden. In der Cyanotypie wird das zu belichtende Fotopapier hinter einem Negativ befestigt und über eine bestimmte Zeit mit Sonnenlicht belichtet, meist indem Fotopapier und Negativ an eine Fensterscheibe geklebt werden.

Durch Dunkelheit zum Licht.


In den Cyanotypien erscheint das Motiv nicht scharf konturiert, dennoch zeichnet sich ein heller Strich deutlich - mit exquisiter Leichtigkeit - auf dem dunklen, blauen Hintergrund ab. Die Welt erscheint uns nicht mehr im vertrauten Licht, sie scheint traumverloren schön und verklärt. Unsere einfache Zufriedenheit gerät durch die Ahnung von etwas Fernem, Unendlichen durcheinander. Natürlich will diese ideen- und assoziationsreiche, traum- und bisweilen schwindelerregende Geschichte durch unsere Erinnerungsschnipsel uns auch das Staunen lehren: das Staunen über die Technik, die Dauer der langwierigen fotografischen Prozedur.

Birgit Jürgenssen hat damit wunderbare Werke geschaffen, schimmernde Perlen im zarten Glanz, so dass Leute, die jetzt noch gar nicht auf der Welt sind, sie noch voll behutsamer Zuneigung und Erstaunen betrachten werden.

Welche Bedeutung hat für Sie die Farbe Blau?

An welche künstlerische Arbeit oder an welchen Künstler denken Sie, wenn der Begriff "Blau" fällt?

Das Ihrer Meinung nach "blaueste" Blau?

Die ihnen wichtigste Arbeit mit Bezug zum Thema Blau?

- Unendlichkeit.
Laune der Seele.
- Yves Klein. Georg Trakl.
- Das der Augen, die ich lieb.
Enzian.
Blauer Samt.
Blauer Fleck.
- "Blau-machen", wochentags.[1]

(Birgit Jürgenssen)

blue
blue blood
blue feel
blue funk
once in a blue moon
blue ribbon
true blue
fire into the blue
Prussian blue
blue velvet
the blues
blue beard
blue bell
blue berry
blue eyed[2]

[1] Fragebogen zum "Thema Blau", in: Andreas Bee, Christmut Präger (Hrsg.), Ausst.-Kat. BLAU: Kaleidoskop einer Farbe (Heidelberg: Kunstverein 1990), S. 79.
[2] Birgit Jürgenssen, in: Ausst.-Kat. Birgit Jürgenssen (Edinburgh: Graeme Murray Gallery, 1988), S. 20.

  • Review: hauptstadt.at, 19.01.12 (PDF)