Galerie Hubert Winter

Herbert Fidler
Magna City
17. März – 10. April 1999
Frustration is one of the great things in Art;
Satisfaction is Nothing
Malcolm McLaren, 1967

Markus Mittringer: "Franks Es"

In den neunziger Jahren - an einem fünfzehnten Juni - wurde einem Direktor eine Karte überreicht, auf der groß und fett, mit Wappen und Logo, der Name stand: 

                                                                Frank

Unter dem Namen, am Rand der Karte, war mit Bleistift beigefügt: "und es".

Der Direktor ließ bitten. Frank trat ein und berichtete: Er hätte es aus Übersee. Er wäre viel herumgekommen. Sein Leben lang wäre er sauber geblieben. Nie konnte es seinem beachtlichen Formtrieb gelingen, die Selbstsorge zu dominieren. Er selbst wäre stets im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit gestanden. Immer hätte er radikal ernst  gemacht mit allem, was anstand. Bis er alles hatte. Ein klassicher Weg. UNd unter klassisch hatte Frank stets die Zugehörigkeit zur höchsten Steuerklasse verstanden. Und jetzt das. Wie konnte Derartiges seiner Aufmerksamkeit entgehen? Wie kam es dorthin? Wieso ist es ihm erst jetzt aufgefallen, wo es nicht mehr zu verbergen war? Er sei sich sicher, früher nichts gespürt zu haben. Plötztlich wäre es da gewesen. Das erste mal sei es ihm nach dem Tennispielen mit Palladio aufgefallen. Es war riesig. Es tat nicht weh, aber er könne es nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Tag und Nacht müsse er daran denken. Es wäre zu Belastung geworden. Er könne es nicht länger ertragen, wolle es unter allen Umständen wieder loswerden. Er hatte schon mehrmals versucht, es zu entfernen. Sinnlos, er verhöhne ihn. Schon wenige Stunden später , längstens aber am Morgen, war es wieder da.
Der Direktor frage, ob er es sehen könnte. Frank entblößte sich. "Ja, ja", bemerkte der Direktor und bot dem Gast Schnaps an. Frank verweigerte das Glas ebenso, wie er die Zigarre ablehnte. Dort wo er herkam, wäre das nicht mehr üblich und überhaupt wäre ihm in seinem Zustand Wasser lieber.
"Der Ursprung von etwas", begann der Direktor, "ist die Herkunft seines Wesens. Der Künstler ist der Ursprung des Werkes. Das Werk ist der Ursprung des Künstlers. Keines ist ohne das andere. Gleichwohl trägt auch keines der beiden allein das andere." Frank mußte ohne das andere. Gleichwohl trägt auch keines der beiden allein das andere." Frank mußte ohne das andere. Gleichwohl trägt auch keines der beiden allein das andere." Frank mußte unwillkürlich an Heimat denken und daran, daß der Direktor wohl meinte er würde es nicht mehr wieder loswerden. Er müsse damit leben. Frank sagte nicht danke und flüchtete, nicht ohne zu spüren, daß des Direktors Sekretärin, durch deren Vorzimmer sein Fluchtweg führte, ihn und es schallend auslachte. 
Ziellos rannte Frank durchs Land, suchte Ablenkung beim Sport und hatte neben seinem ständigen Begleiter jetzt auch noch Heimat im Kopf. Wo immer die beiden sein Irren hinführte, er dachte Heimat. irgend etwas schien daran wichtig zu sein. Und so beschloß Frank Heimat zu kaufen, was wiederum seinen alten Formtrieb zu neuem Leben erweckte. Und es wäre nicht Frank, hätte er sich bloß ein Haus gebaut. Es mußte schon eine ganze Siedlung sein, eingezäunt und, seinem Verstand nach, klassisch.
Rudi, ein Freund zog ein. Frank und Rudi verbrachten viel Zeit miteinander. Es konnte nicht ausbleiben, daß Rudi es eines Tages sah. Die Nähe hatte Frank unvorsichtig werden lassen, es war aufgeflogen, es hatte erneut gewonnen. "Rudi, mein Freund, wird mich verlassen", dachte Frank noch bevor ihm alles verschwamm, und der aussätzige Magnat zusammensackte.
Nur langsam kam Frank wieder zu sich. Er erblickte den Himmel und dann den Kreis von zufriedenen, satten Männern, der sich um ihn versammelt hatte, Typen wie Frank sie mochte, Typen wie er einer war bevor es auftauchte. Sie lachten. Und alle hatten ihre T-shirts zur Brust hochgezogen. "Frank", rief Rudi, "Frank schau her! Ich habe auch eines, wir alle haben eines." Und tatsächlich, in jedem Bauchnabel steckte eines, jedes einzelne ebenso groß, wie Franks eigenes es. Endlich konnte auch Frank wieder lachen und erkannte: Er mußte einfach zurück in die Heimat. Es hatte ihn hierhergebracht. Es ist immer größer geworden weil die Geschichte, weil jede Tat, weil jede seiner Taten, Spuren hinterläßt. Und. Jeder hat eines. Frank war glücklich. Von nun an sollte jeder es sehen können. Und so beschloß er seinem Wuckerl im Nabel ein Denkmal zu setzen. Ebensogroß, wie er es immer gesehen hatte, riesig mußte es sein und begehbar. Alle sollten in Franks Ballen kommen, die Geschichte der Welt zu erleben, seine Geschichte, geboren in seinem, im Nabel der Welt. und so geschah es auch.